Der Steuerklassenwechsel bei Kinderwunsch im Kontext von Lohnersatzleistungen
Ehegatten bzw. Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können zwischen den Steuerklassenkombinationen IV/IV und III/V bzw. V/III wählen. Alternativ kann bei der Steuerklassenwahl IV/IV die Anwendung des Faktorverfahrens beim Finanzamt beantragt werden. Aufgrund des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts, ist der Begriff Eheleute auch für gleichgeschlechtliche Ehen anzuwenden, während die Bezeichnung Lebenspartner nur noch für bereits bestehende und noch nicht in eine Ehe umgewandelte eingetragene Lebenspartnerschaften von Bedeutung ist.
Seit dem 01.01.2020 können Ehegatten und Lebenspartner mehrmals im Laufe des Kalenderjahres die Steuerklassen wechseln. Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz wurde in § 39 Abs. 6 S. 3 EStG das Wort „einmalig“ gestrichen.
Das Finanzamt hat eine Änderung der Steuerklassen mit Wirkung vom Beginn des Kalendermonats vorzunehmen, der auf die Antragstellung folgt. [1]
Ein Antrag auf Steuerklassenwechsel oder die Anwendung des Faktorverfahrens kann mit dem Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“ bis spätestens 30. November eines jeden Jahres beim Wohnsitzfinanzamt gestellt werden.
Bei der Wahl der Steuerklasse sollte dabei nicht nur auf steuerliche Belange abgestellt werden. Lohnersatzleistungen wie Elterngeld, Mutterschaftsgeld, Krankengeld, Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe etc. sind vom zuletzt bezogenen Nettoarbeitslohn abhängig. Bei Arbeitnehmern mit Steuerklasse V fallen die Lohnersatzleistungen daher grundsätzlich geringer aus, als bei Arbeitnehmern mit Steuerklasse III oder IV.
Das Bundessozialgericht hat bereits entschieden, dass ein Steuerklassenwechsel mit dem Ziel, ein höheres Elterngeld zu erhalten, keinen Rechtsmissbrauch darstellt. [2]
Um eine Erhöhung des Elterngeldes durch einen Steuerklassenwechsel zu erwirken,
ist Voraussetzung, dass der Wechsel grundsätzlich bereits sieben Monate vor dem Monat, in dem der Mutterschutz beginnt, vollzogen werden muss, da für die Berechnung des Elterngeldes die Steuerklasse maßgeblich, die im Bemessungszeitraum (i. d. R. 12 Monate vor dem Monat der Geburt) am längsten gegolten hat. Aus diesem Grund sollte ein Wechsel bereits unmittelbar bei Kenntnis der Schwangerschaft beantragt werden. Ein Wechsel nach Ablauf der ersten drei Schwangerschaftsmonate hingegen führt zu keiner Erhöhung des Elterngeldes.
Im Hinblick auf den Zuschuss zum Mutterschutzgeld wäre ein Steuerklassenwechsel anders zu beurteilen. Für die Berechnung des Mutterschutzgeldes ist grundsätzlich das Nettoarbeitsentgelt maßgebend, das die Arbeitnehmerin in den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn der Schutzfrist erhalten hat. Der Anspruch auf Zuschuss besteht für die Zeit der Schutzfristen von 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt sowie für den Tag der Geburt. Insgesamt wird ein Zuschuss regelmäßig für 99 Tage gewährt.
Mutterschaftsgeld erhalten Schwangere, die bei Beginn der Schutzfrist mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert sind oder wegen der Schutzfristen kein Arbeitsentgelt erhalten. Die Krankenkasse zahlt der schwangeren Arbeitnehmerin ein Mutterschaftsgeld in Höhe von bis zu 13 Euro pro Tag. Der Arbeitgeber zahlt einen Zuschuss in Höhe der Differenz zwischen 13 Euro und dem um die gesetzlichen Abzüge verminderten durchschnittlichen kalendertäglichen Nettoarbeitsentgelt.
Der Zuschuss stellt einen Ausgleich des finanziellen Verlustes gegenüber dem Arbeitsentgelt der Arbeitnehmerin dar. Arbeitgeber erhalten den Zuschuss über die Umlage U2 zu 100 Prozent von der Krankenkasse erstattet.
Da dem Arbeitgeber durch einen Steuerklassenwechsel kein finanzieller Nachteil droht, wäre aus Sicht des Tippgebers ein Wechsel der Steuerklassen ebenfalls als nicht rechtsmissbräuchlich einzustufen.
Beispiel
Arbeitnehmerin A ist schwanger. Der errechnete Geburtstermin ist der 15.12.2024. A befindet sich voraussichtlich vom 03.11.2024 (6 Wochen vor der Geburt) bis zum 09.02.2025 (8 Wochen nach der Geburt) im Mutterschutz. In dieser Zeit erhält A Mutterschaftsgeld.
Ein Steuerklassenwechsel muss spätestens im Juli 2024 beantragt werden, damit der Wechsel seine volle Wirksamkeit entfaltet. Die Beantragung im Juli würde zu einer Berücksichtigung im August führen. Da die Monate August, September und Oktober 2024 maßgeblich für die Berechnung des Mutterschaftsgeldes sind, wäre der Antrag gerade noch rechtzeitig gestellt.
Tipp
Werdende Eltern können die Höhe der Lohnersatzleistungen über einen rechtzeitigen Steuerklassenwechsel beeinflussen. Bei einem Wechsel der Mutter in die Steuerklasse III ergeben sich finanzielle Vorteile hinsichtlich der Höhe des Eltern- und Mutterschaftsgeldes. Da Eltern ihre Steuerklasse mehrfach im Jahr ändern können, wäre ein weiterer Steuerklassenwechsel zurück in die bisherigen Steuerklassen bereits nach der Geburt angezeigt, vorausgesetzt, dass im Anschluss keine weiteren Lohnersatzleistungen von der Mutter empfangen werden (z.B. wegen weiterer Schwangerschaft, Krankheit oder Arbeitslosigkeit).
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