Der Tod eines Gesellschafters einer GbR mit unerwarteten steuerlichen Folgen
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wurde das Recht der Personenhandelsgesellschaften modernisiert. Die neuen Regelungen sind bereits zum 01.01.2024 in Kraft getreten.
Seit dem 01.01.2024 eröffnet sich damit die Möglichkeit, die GbR als gesetzlich anerkannte rechtsfähige Gesellschaft in einem Gesellschaftsregister einzutragen. Die Anmeldung zur Eintragung muss von einem Notar beglaubigt werden und erfolgt elektronisch. Die eingetragene Gesellschaft firmiert als „eGbR“ und muss die Regelungen des Transparenzregisters beachten.
Zukünftig wird zwischen der rechtsfähigen und der nicht rechtsfähigen GbR differenziert. Beide Gesellschaftsformen stellen gem. § 705 BGB nach wie vor einen Zusammenschluss mehrerer Gesellschafter durch Gesellschaftsvertrag zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks dar.
Im Gegensatz zur nicht rechtsfähigen GbR, die lediglich die Rechtsverhältnisse der Gesellschafter untereinander regelt, ist die rechtsfähige GbR von einer werbenden Tätigkeit am Rechtsverkehr geprägt und in der Lage, selbst Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen. Die Vorschriften zur rechtsfähigen GbR befinden sich nunmehr in den §§ 706 bis 739 BGB und die der nicht rechtsfähigen GbR in den §§ 740 bis 740c BGB.
Zur Beurteilung, ob es sich um eine nicht rechtsfähige GbR oder doch um eine rechtsfähige GbR handelt, reicht oftmals ein Blick in die Vermögenssituation der Gesellschaft. Eine nicht rechtsfähige Gesellschaft hat gem. § 740 Abs. 1 BGB kein Vermögen. Im Umkehrschluss handelt es sich bei vermögenden Gesellschaften regelmäßig um rechtsfähige Gesellschaften.
Dennoch sind auch für das Steuerrecht bedeutsame und teils brisante Änderungen erfolgt. Während der Tod eines Gesellschafters bisher einen Auflösungsgrund für die GbR darstellte[1] und die Erben dem Gesellschafter in seiner Stellung zunächst nachfolgten und damit Mitglied der Liquidationsgesellschaft wurden, ergibt sich nunmehr aus § 723 BGB für den Fall des Todes eines Gesellschafters, dass der Gesellschafter ausscheidet und die Gesellschaft vorbehaltlich ggf. anders lautender Vereinbarungen gem. Gesellschaftervertrag fortgeführt wird.
Für vermögensverwaltende Immobilien-GbR´s wurde daher grundsätzlich niemals ein Tatbestand der §§ 17, 20 Abs. 2 oder 23 EStG ausgelöst.
Das neue Recht verankert in § 723 BGB nunmehr eine Fortsetzungsklausel mit der Folge, dass eine Mitunternehmerstellung grundsätzlich nicht mehr auf die Erben übergeht. Nach der gesetzlichen Regelung erhalten die Erben in Höhe des Wertes ihres Gesellschaftsanteils eine Abfindung von der Gesellschaft, die im Fall einer vermögensverwaltenden GbR einen Tatbestand nach §§ 17, 20 Abs. 2 oder 23 EstG auslösen könnte.
Beispiel
Die Gesellschafter A, B und C sind Gesellschafter der A-B-C-GbR und mit je 1/3 an der Gesellschaft beteiligt. Die A-B-C-GbR ist Eigentümerin eines in 2017 erworbenen und vermieteten Mehrfamilienhauses. Im Grundstück ruhen stille Reserven in Höhe von 999.999 Euro. Am 03.01.2024 verstarb Gesellschafter C. Ein schriftlicher GbR-Vertrag wurde nicht geschlossen.
Mit dem Tod des Gesellschafters C wächst gem. § 712 BGB dessen Anteil den Gesellschaftern A und B an. Die Erben erhalten eine Abfindung. Der Tod löst den Tatbestand des § 23 EStG und damit die Versteuerung der stillen Reserven in Höhe von 333.333 Euro aus.
In § 712a BGB befindet sich darüber hinaus eine Regelung zum Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters. § 712a BGB regelt, dass das Gesellschaftsvermögen zum Zeitpunkt des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den verbleibenden Gesellschafter übergeht.
Auch in diesem Fall besteht die latente Gefahr der Versteuerung von stillen Reserven bei Tod eines Gesellschafters – für den Fall, dass keine vertragliche Nachfolgeregelung getroffen wurde. Selbst ohne steuerliche Verstrickung wären die Folgen ggf. verhängnisvoll, da die Immobilie eventuell ungewollt auf den verbliebenen Gesellschafter übergeht und unter den Voraussetzungen des § 1 GrEStG Grunderwerbsteuer auslösen könnte.
Tipp
In der Praxis treten zahlreiche vermögensverwaltende GbR´s ohne gültigen schriftlichen Vertrag rechtswirksam nach außen hin auf. In diesen Fällen gelten die neuen gesetzlichen Regelungen der §§ 705 ff. BGB. Aus diesem Grund besteht dringender Handlungsbedarf. Die steuerlichen Risiken bei Tod eines Gesellschafters können durch entsprechende Nachfolgeregelungen in einem GbR-Vertrag unproblematisch beseitigt werden.
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