Die Begünstigung nach den §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG bei einer Betriebsveräußerung unter Zurückbehaltung von wesentlichen Betriebsgrundlagen
Eine zwingende Voraussetzung für die Steuervergünstigungen ist, dass der Betrieb mit seinen wesentlichen Grundlagen gegen Entgelt in der Weise auf einen Erwerber übertragen wird, dass der Betrieb als geschäftlicher Organismus fortgeführt werden kann. Nicht erforderlich ist, dass der Erwerber den Betrieb tatsächlich fortführt.[1]
In der Praxis besteht jedoch oftmals der Wunsch, wesentliche Betriebsgrundlagen, insbesondere die im Betriebsvermögen befindlichen Grundstücke zurückzubehalten oder vor einer Veräußerung ohne Auflösung der stillen Reserven auf einen anderen Rechtsträger zu übertragen. Leider wird der Wunsch der Übertragung auf einen anderen Rechtsträger mit dem Wegfall der Steuervergünstigungen konterkariert.
Aufgrund der Gesamtplanbetrachtung führt eine Vorab-Auslagerung wesentlicher Betriebsgrundlagen auf einen anderen Rechtsträger im zeitlichen Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung zwangsläufig zum Wegfall der Steuervergünstigungen. Der Gesamtplangedanke dient in diesem Bereich der Verwirklichung des Zwecks der Vergünstigungen nach 16 Abs. 4 und § 34 EStG,
Der Zurückbehalt der wesentlichen Betriebsgrundlagen führt jedoch zwangsläufig zu einer Entnahme der Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen. Da gem. § 16 Abs. 3 EStG auch die Aufgabe eines Gewerbebetriebes als Veräußerung im Sinne des § 16 Abs. 1 EStG gilt, verbleiben dem Steuerpflichtigen auch hier die Steuervergünstigungen nach den §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG.
Eine Betriebsaufgabe im Ganzen ist anzunehmen, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen innerhalb kurzer Zeit und damit in einem einheitlichen Vorgang – nicht nach und nach – entweder in das Privatvermögen überführt oder an verschiedene Erwerber veräußert oder teilweise veräußert und teilweise in das Privatvermögen überführt werden und damit der Betrieb als selbstständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu bestehen aufhört.[3]
Beispiel
Da RR seinen gesamten Betrieb nach Vollendung seines 55. Lebensjahres unter Zurückbehaltung des betrieblichen Grundstücks durch Entnahme veräußert, können die stillen Reserven unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gem. § 34 Abs. 3 EStG aufgedeckt werden. Der ermäßigte Steuersatz ist auf Antrag zu gewähren und ist auf den Teil der außerordentlichen Einkünfte (Veräußerungsgewinn), der den Betrag von insgesamt 5 Millionen Euro nicht übersteigt, beschränkt. Der ermäßigte Steuersatz beträgt 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes, der sich ergäbe, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach dem gesamten zu versteuernden Einkommen zuzüglich der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte zu bemessen wäre, mindestens jedoch 14 %. Die Ermäßigung kann RR einmal im Leben in Anspruch nehmen.
RR hat insgesamt 1.000.000 Euro (500.000 Euro Verkaufswert + 750.000 Euro Gutachtenwert ./. 250.000 Euro Buchwert) stille Reserven mit einem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 22,40 % (40% x 56%) zu versteuern, davon entfallen 650.000 Euro auf das Grundstück. Die Steuerentstrickung des Grundstücks kostet RR 145.600 Euro (650.000 Euro x 22,40 %) Einkommensteuer.
Tipp
Um Streitigkeiten mit dem Finanzamt zu vermeiden, sollte mit der Veräußerung eine Betriebsaufgabeerklärung gegenüber dem Finanzamt erfolgen.
Quellen:
[1] Vgl. R 16 Abs. 1 EStR 2012
[2] Vgl. BMF-Schreiben vom 20.11.2019, IV C 6 – S-2241 / 15 / 10003 Rz. 16
[3] Vgl. H 16 Abs. 2 EStR 2012
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