Vermeidung von Grunderwerbsteuer bei vertraglichen Verflechtungen zwischen Grundstücksverkäufer und Erwerber
Die Frage, in welchem Zustand ein Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist, stellt sich, wenn getrennte Verträge über den Erwerb des Grundstücks und über die Bauerrichtung abgeschlossen werden. Solche Verträge können zivilrechtlich verknüpft oder nach den besonderen grunderwerbsteuerlichen Grundsätzen aufgrund eines objektiv engen sachlichen Zusammenhangs zwischen dem Erwerb des Grundstücks und der Bauerrichtung als Einheit zu behandeln sein.
Eine zivilrechtliche Verknüpfung ist zu bejahen, wenn zwei oder mehrere Verträge vorliegen, die ausdrücklich voneinander abhängig sind – diese Verträge werden als eine Einheit gewertet. Dies gilt auch ohne ausdrückliche Bestandsverknüpfung, wenn sie nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängig sind, dass sie miteinander „stehen und fallen“ sollen.[1] Ob die Vereinbarungen miteinander „stehen und fallen“, ist unter Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragsparteien, ihrem Verhalten vor und bei Vertragsabschluss und dem tatsächlichen Geschehensablauf zu ermitteln.[2]
Ein objektiv enger sachlicher Zusammenhang liegt ebenso vor, wenn ein von der Veräußererseite vorbereiteter Geschehensablauf hingenommen wird. Ein derartiger Zusammenhang kann auch vorliegen, wenn ein längerer Zeitraum zwischen Abschluss des Kaufvertrags und der Angebotsannahme eines Werkvertrags liegt, und besondere Umstände hinzutreten. Der BFH hat nach einem Zeitraum von 19 Monaten den objektiv engen sachlichen Zusammenhang bejaht, weil das Grundstück im Erwerbszeitpunkt noch vermietet und der Beginn der geplanten Bauarbeiten vom Auszug des Mieters abhängig war.[4]
Fehlt es hingegen an der Verpflichtung der Veräußererseite zur Herstellung des Gebäudes und wird das Gebäude stattdessen durch den Erwerber errichtet, liegt eine grunderwerbsteuerrechtlich nicht relevante eigennützige Leistung des Erwerbers an sich selbst vor. Gegenstand des Erwerbsvorgangs ist dann nicht das bebaute Grundstück, sondern nur das unbebaute Grundstück. Das gilt auch dann, wenn der Veräußerer neben dem Grundstück Dienst- bzw. Sachleistungen anbietet, sich zur Lieferung beweglicher Gegenstände (z.B. Baumaterialien oder Fertighausteile) oder zur Bereitstellung von Planungsunterlagen verpflichtet.[5]
Tipp
[1] Vgl. koordinierter Ländererlass vom 20.09.2017, 3 – S-4521/44 Tz. 3.3
[2] BFH-Urteile vom 13.08.2003, II R 52/01, BFH/NV 2004 S. 663 und vom 21.09.2005, II R 49/04, BStBl. II 2006 S. 269
[3] Vgl. koordinierter Ländererlass vom 20.09.2017, 3 – S-4521/44 Tz. 3.4.2
[4] Vgl. BFH-Urteil vom 28.03.2012, II R 57/10, BStBl. II 2012 S. 920
[5] Vgl. BFH-Urteil vom 27.10.2004, II R 12/03, BStBl. II 2005 S. 220
[6] Vgl. BFH-Urteil vom 25.04.2018, II R 50/15, BStBl. II 2018 S. 602, für allgemein anwendbar erklärt durch BMF vom 30.08.2018
[7] Vgl. koordinierter Ländererlass vom 20.09.2017, 3 – S-4521/44 Tz. 4.1
News und Praxistipps – Aktuelles Wissen, direkt anwendbar:
Bleiben Sie stets informiert und einen Schritt voraus mit unseren aktuellen Nachrichten und wertvollen Tipps für die Praxis.
Die „goldenen“ Regeln im Zusammenhang mit einer Tantiemevereinbarung mit beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern (GGf) zur Reduzierung der Gesamtsteuerbelastung
Die „goldenen“ Regeln im Zusammenhang mit einer Tantiemevereinbarung mit beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern (GGf) zur Reduzierung der GesamtsteuerbelastungDer Gewinn einer GmbH...
Antrag auf fehlerbeseitigende Fortschreibung gem. § 222 BewG nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist der Bescheide über den Grundsteuerwert und Grundsteuermessbetrag
Antrag auf fehlerbeseitigende Fortschreibung gem. § 222 BewG nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist der Bescheide über den Grundsteuerwert und GrundsteuermessbetragDie Vorschrift des § 222 BewG über die...
Der Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung trotz Vollendung des 55. Lebensjahres
Der Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenversicherung trotz Vollendung des 55. LebensjahresIn Deutschland gehört die Krankenversicherung zum sozialen Sicherungssystem. Grundsätzlich...